2.000 Behandelte: Positive Bilanz und Erweiterungspläne

07 Sep 2023 Medizin

Im Wiener Neustädter Ionentherapie- und Forschungszentrum MedAustron stehen seit einem Jahr alle räumlichen Kapazitäten zur Behandlung von Krebspatient*innen zur Verfügung, und insgesamt wurden hier bereits 2.000 Patient*innen mit Protonen oder Kohlenstoffionen behandelt. Über die bisherigen Therapieerfolge, Studienergebnisse und die weiteren Entwicklungs- und Ausbaupläne wurde heute in einer Pressekonferenz mit Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf berichtet.

MedAustron Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Schneeberger, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer Eugen B. Hug, kaufmännischer und technischer Geschäftsführer Ludwig Gold und Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf in einem Bestrahlungsraum bei einer Demonstration einer Behandlung.

Er leitete ein: „Alle Antworten auf die Fragen der Zukunft – ob Klimawandel, Künstliche Intelligenz oder Heilung von Krankheiten – liegen in der Wissenschaft und Forschung.“ Pernkopf betonte weiter, dass MedAustron ein Vorzeigeprojekt sei, denn

„hier wird direkt für die Menschen geforscht und gearbeitet, eine Arbeit, die erkrankten Menschen und ihren Angehörigen Mut und Hoffnung gibt.“

Darüber hinaus gehe die künftige Weiterentwicklung von MedAustron Hand in Hand mit den drei großen Zielen für die Wissenschaftspolitik in Niederösterreich – Magnet für Spitzenforscher*innen zu sein, Schwerpunkte beim Thema Gesundheit zu setzen und Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung zu den Menschen zu bringen.

Die bei MedAustron angewandte Ionentherapie als komplementäre Methode zur Behandlung von Krebserkrankungen ist nach mittlerweile fast sieben Jahren gut in der heimischen onkologischen Therapielandschaft verankert. Patient*innen aus ganz Österreich, aber auch aus dem Ausland, werden mit dieser Form der Strahlentherapie bei MedAustron behandelt – hauptsächlich dann, wenn sie an lokalisierten Tumoren nahe von strahlenempfindlichem Gewebe oder Organen leiden. In diesem Zeitraum wurde eine Vielzahl der insgesamt 2.000 Behandelten in einer prospektiven Registerstudie eingeschlossen, deren Datenauswertung nun erste Publikationen ermöglicht hat und generell die Ionentherapie als sichere Behandlungsmethode bestätigt bzw. vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich der Tumorkontrolle und dem Erhalt von Lebensqualität gezeigt hat.

In der Patient*innengruppe mit Kopftumoren wurde beispielsweise gezeigt, dass die neurokognitive Leistung und Belastbarkeit erhalten werden kann – von visuell-motorischer Koordination, über das Kurzzeitgedächtnis bis zur Wortflüssigkeit. Eine spezifische Gruppe von Tumoren an der Schädelbasis weist drei Jahre nach Abschluss der Therapie eine lokale Kontrolle von 90 Prozent auf. Neben den medizinischen Faktoren zeigen darüber hinaus auch Untersuchungen der finanziellen Toxizität der Therapie, dass Patient*innen nach Abschluss ihrer Behandlung rasch soziale und finanzielle Re-Integration erfahren.

Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer Eugen B. Hug kommentierte die Resultate:

„Mit den gesammelten und publizierten Daten generieren wir kontinuierlich mehr Evidenz für unsere Therapiemethode, die bisher veröffentlichten Ergebnisse stellen dabei lediglich den Anfang dar. Sie zeigen, dass wir schwere Krebserkrankungen wirkungsvoll und sicher behandeln können und gleichzeitig die Lebensqualität unserer Patient*innen erhalten oder verbessern können.“

Zu den bei MedAustron derzeit am häufigsten behandelten Krebserkrankungen zählen Tumore des zentralen Nervensystems, des HNO-Bereichs und Wiederbestrahlungen von Tumorrezidiven; zudem wird die Mehrheit aller Kinder und Jugendlichen, die eine Strahlentherapie benötigen, bei MedAustron behandelt. Im kommenden Jahr werden sukzessive neue weitere Indikationsgruppen wie beispielsweise Pankreas, Leber oder Lunge das Therapieangebot ergänzen und neue Behandlungskonzepte, zum Beispiel für die Behandlung von Augentumoren, etabliert werden. Eine weitere hochinnovative Methodik ist die Stimulierung des eigenen Immunsystems durch partielle Tumorbestrahlung mit Partikeln.

Derzeit werden in drei Behandlungsräumen rund 50 Bestrahlungen täglich bei MedAustron durchgeführt. Da der hochkomplexe Teilchenbeschleuniger jedoch nicht alle drei Räume parallel mit dem Therapiestrahl versorgen kann, wird das Zentrum um einen zusätzlichen, unabhängigen Therapieplatz erweitert werden: eine kompakte Maschine wird für Behandlungen mit Protonen angeschafft, derzeit läuft die Umweltverträglichkeitsprüfung für dieses Ausbauvorhaben. Im kommenden Frühling soll mit dem Ausbau begonnen, bei planmäßigem Verlauf ab 2026 der Patient*innenbetrieb aufgenommen werden.

„Die Strahlkraft MedAustrons reicht heute weit über Wiener Neustadt, Niederösterreich und Österreich hinaus und das Team unternimmt viele Anstrengungen, um dieses internationale Spitzenniveau langfristig zu sichern. Die Erweiterung des Zentrums um einen weiteren Behandlungsraum demonstriert dabei, dass alle Bemühungen letztlich dem Ziel dienen, schwerkranken Menschen Hoffnung in ihrem Kampf gegen Krebs zu geben“,

merkte Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Schneeberger zu den Erweiterungsplänen an.

Auf technischer Seite arbeitet das Team daran, mit der Verbreiterung des Therapieangebots einhergehende Anforderungen an den bestehenden Teilchenbeschleuniger umzusetzen. Denn anders als bei Beschleunigern für die konventionelle Strahlentherapie oder reine Protonentherapie, werden Entwicklungen an der Maschine von Expert*innen im eigenen Haus umgesetzt. Das gilt beispielsweise auch für die Präparation des Beschleunigers für die weitere Untersuchung von Heliumionenstrahlung, die ein zentraler Gegenstand der translationalen Forschung in den kommenden Jahren darstellen wird, oder für die Entwicklung gänzlich neuer Beschleunigeranlagen, mit denen sich MedAustron über einen separaten Geschäftsbereich auch als Anlagenanbieter künftig stärker positionieren möchte.

Der kaufmännische und technische Geschäftsführer Ludwig Gold betonte:

„Wir haben ein hervorragendes Team an technischen Expert*innen, das uns in die glückliche Lage versetzt, einerseits unseren eigenen Therapiebeschleuniger laufend selbst zu verbessern und zukunftsfit halten zu können und andererseits auch Konzepte für neue Beschleuniger zu entwickeln, mit denen wir am internationalen, expandierenden Partikeltherapiemarkt reüssieren möchten.“