Neben der Behandlung von Patienten in klinischen Studien bietet die Beschleunigeranlage von MedAustron auch die Möglichkeit Forschung in nichtklinischen Bereichen zu betreiben. Zum einen werden Forschungsthemen bearbeitet, die näher an der medizinischen Anwendung beim Patienten stehen, d.h. translationale Forschung. Zum anderen können die Teilchenstrahlen aber auch generell für Fragestellungen der Strahlenphysik und der angewandten Teilchenphysik herangezogen werden. Dementsprechend werden konkrete Forschungsprojekte hauptsächlich in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien und der Technischen Universität Wien durchgeführt. Zusätzlich gibt es auch eine enge Zusammenarbeit mit dem Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Fachhochschule Wiener Neustadt und der Medizinischen Universität Graz. Die vorgeschlagenen Projekte wurden von einem unabhängigen Beratungsgremium zur Durchführung empfohlen. Ein Leitungsgremium unterstützt die praktischen Forschungsarbeiten vor Ort und begleitet den Forschungsfortschritt. Die Koordination der nichtklinischen Forschungsaktivitäten obliegt Thomas Schreiner und Dietmar Georg.


Für die Forschungsperiode von 2019 bis 2021 wurden neben der erforderlichen Kommissionierung der Kohlenstoffionen und der 800 MeV Protonen sechs Forschungsprojekte definiert. Dies umfasst die intrafraktionelle und die interfraktionelle adaptive Strahlentherpie, die Bildgebung mit Ionenstrahlen, die magnetresonanzgestützte Teilchentherapie, Energieübertragungsmechanismen und Anwendungen in der Biologie und Physik, sowie die präklinische Forschung.
Intrafraktionelle adaptive Strahlentherapie
Die Behandlung von sich bewegenden Zielvolumina mit gescannten Teilchenstrahlen ist seit langem ein wichtiges Forschungsgebiet in der Ionentherapie. Für die intrafraktionelle adaptive Strahlentherapie, d.h. bei Veränderungen während einer Be-strahlungsfraktion, liegt der Schwerpunkt der Untersuchungen im Bereich der medizinischen Bildverarbeitung, der vierdimensionalen Dosimetrie und bei speziellen Methoden in der Bestrahlungs-planung.
Interfraktionelle adaptive Strahlentherapie
Auch die interfraktionelle adaptive Strahlentherapie beschäftigt sich mit Positionsänderungen der Zielvolumina, wobei das Zeitintervall der Bewegung größer ist, d.h. Veränderungen zwischen den einzelnen Bestrahlungstagen (Fraktionen). Behandlungsadaptionen basieren auf Magnet-resonanzbildern, die Informationen zu mor-phologischen Änderungen und Veränderungen der Tumorcharakteristik liefern. Für die Bewertung und Weiterverabeitung der einzelnen Bilder werden auch so genannte Deep Learning Ansätze verwendet.
Magnetresonanzgestützte Teilchentherapie
Forschung auf dem Gebiet der magnet-resonanzgestützten Strahlapplikation oder der Entwicklung einer Kombination aus Magnet-resonanztomographie und Ionentherapie ist ein aufstrebendes Thema in der Strahlentherapie. Im Gegensatz zu Photonen wird in der Ionentherapie der Teilchenstrahl direkt durch das Magnetfeld beeinflusst. Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die Dosisverteilung, auf dosimetrische Messungen und letztlich auf die Patienten-behandlung sind der Ausgangspunkt für eine magnetresonanzgestützte Teilchentherapie.
Bildgebung mit Ionenstrahlen
MedAustron bietet die Möglichkeit Protonen-computertomographie mit Energien von bis zu 800 MeV zu untersuchen. Solch hohe Protonenenergien werden in der Therapie nicht verwendet. Zur Reduktion der Reichweitenunsicherheiten im Bestrahlungsplanungsprozess, ist es von wesent-lichem Interesse die Bestimmung der Energieabgabe der Teilchen zu verbessern.
Energieübertragungs-mechanismen
Derzeit wird für die Behandlungsplanung in der Ionentherapie das Produkt aus absorbierter Dosis in Wasser mit einem biologischen Gewich-tungsfaktor herangezogen. Für eine umfassende quantitative Beschreibung der biologischen Auswirkungen ist dieser Zugang jedoch nicht ausreichend. Daher werden mittels experimenteller Messungen mikrodosimetrische Spekteren auf-genommen, die den Grundstein für eine weitere Korrelation mit biologischen Daten darstellen.
Präklinische
Forschung
Die präklinische Forschung fokussiert sich auf die Untersuchung von molekularbiologischen und immunologischen Vorgängen im Tumor und dessen Mikromilieu, welche maßgeblich zur Therapie-resistenz des Tumors beitragen. Die Auswirkungen der Ionentherapie auf das Tumormikromilieu sind derzeit nicht bekannt und werden in adäquaten Sphäroid- und Xenograft-Modellen erforscht. Zusätzlich ist geplant, strahleninduzierte Vorgänge im Tumor mittels nicht-invasiven prä-klinischen Bildgebungsverfahren darzustellen und zu untersuchen.